Wo ich herkomme, wurde traditionell gar kein Weltfrauentag gefeiert. Sondern im Mai der Muttertag. Erst als ich in Brandenburg arbeitete ist er mehr in mein Bewusstsein getreten.

Dort in meinem Job waren mir die Unterschiede zwischen Mann und Frau, zum Beispiel die Bezahlung gar nicht so bewusst. Denn Gehaltsverhandlungen gab es nicht, sondern einen festen Tarifvertrag. Wer länger arbeitet, bekommt mehr. Egal ob Frau oder Mann. Und gleichzeitig fiel mir im Nachhinein auf: Führungspositionen haben natürlich meistens die Männer, die schlechter eingruppierten Tätigkeiten häufig Frauen.

Mit der Geburt meiner Tochter war bei uns dann auch ganz schnell klar – mit meiner Teilzeitstelle mache ich wirtschaftlich keine großen Sprünge. Dazu kam: Ich wollte gar nicht mehr arbeiten.

Danke, Hormone! Familie ist mir wahnsinnig wichtig. Obwohl ich sie auch unheimlich anstrengend finde. Aber ich glaube im Nachhinein das Anstrengende ist bei mir hauptsächlich die Zerrissenheit zwischen Familie und Beruf.

Ich wollte ich nie zu den Frauen gehören, die sich zu Hause finanziell aushalten lassen. Freiheit gehört mit zu meinen wichtigsten Werten und finanzielle Unabhängigkeit ist dabei für mich essentiell. Da passt es einfach nicht zusammen nach jeder Elternzeit weniger zu arbeiten und noch weniger zu verdienen.

Deshalb war für mich schnell klar: Da muss etwas anderes her. Zeit gegen Geld ist für mich langfristig keine Lösung. Obwohl ich gerne meine Zeit mit meinen Kundinnen verbringe. Das sind Menschen, denen ich helfe. Die glücklich darüber sind, Zeit mit mir zu verbringen. Gleichzeitig verbringe ich gerne Zeit mit meiner Familie.

2017 starte ich meinen Nebenjob als selbständige fitdankbaby®-Trainerin, bei dem ich wahnsinnig schlecht verdiene, aber an diesen Tagen habe ich morgens mehr Zeit mit meinem Kind. Ohne Baby hätte ich gar kein Business.

Nur leider bin ich an genau diesen Sport-Tagen ganz und gar nicht flexibel, falls mein Kind krank ist. Ich versuchte mich mit Network-Marketing um der Zeit-gegen-Geld-Falle zu entgehen und verbrachte abends unheimlich viel Zeit in Meetings und Telefonaten. Sowieso war ich abends immer am PC solange ich meine Nebenjobs hatte. Nebenjob anstatt zur Ruhe kommen. Weil ich ein Warum habe.

Meine Ziele habe ich letzte Woche in einem alten Notizbuch gefunden:

  • Für Familie/ Kind zu Hause sein
  • stressfreier Morgen ohne Zeitdruck
  • Aufstehen ohne Wecker
  • 1. Termin: Kita um 9 Uhr
  • sinnvolle Aufgabe: Menschen unterstützen (Thema Gesundheit)
  • langfristig finanzielle Perspektive (auch für die nächste Elternzeit)
  • positive Menschen in meinem Umfeld
  • Zeit für meinen Nebenjob
  • Zeit für Sport
  • Nie wieder Vollzeit arbeiten

Erstaunt hat mich, dass schon sehr vieles davon in Erfüllung gegangen ist.

Den Wecker stelle ich zwar noch, aber meistens bin ich vorher wach. Das große Ziel hinter allen „Warums“ ist bei mir der Wunsch nach einem entspannten, selbstbestimmten Alltag.

Ich nehme mir die Zeiten zum Arbeiten, wann ich will. Ich begleite meine Tochter morgens in den Kindergarten, und zwar zu Fuß anstatt schnell schnell mit Stress rein ins Auto. Ich hole sie wieder ab und dann gehen wir noch mindestens eine Stunde auf den Spielplatz. Das sieht nicht wie Gleichberechtigung aus. Mutti hockt auf dem Spielplatz anstatt sich um ihre Karriere zu kümmern. Und doch fühlt es sich sehr selbstbestimmt an. Ich mache das, weil ich Lust darauf habe.

Ich will alles.

Familie und Erfolg im Beruf. Und finanziellen Erfolg auch noch. Denn das finde ich auch wichtig: Erfolg heißt nicht für jede von uns das Gleiche. Ich will weniger arbeiten, und gleichzeitig für die Frauen einen großen Wert schaffen und dafür entsprechend entlohnt werden.

Es bringt nicht, wenn wir uns kaputt arbeiten, nur um zu sagen, dass wir jetzt endlich gleichberechtigt auch 40 Stunden in der Woche abrackern dürfen. Gleichberechtigung ist für mich volle Wahlfreiheit.

Es gibt Frauen, die arbeiten gerne viel und es gibt Frauen, die arbeiten gerne wenig. Ich kann auch viel arbeiten. Wenn ich so richtig im Flow bin gelingt es mir schwer, mich vom Bildschirm loszureißen. Aber wenn das Kind mich braucht, will ich da sein. Das ist meine Priorität.

Gleichberechtigung heißt, dass jede Frau genau das tut, was ihr gut tut. Was ihrem Wesen entspricht. Und zwar ohne, dass sie davon von der Nachbarin, die es gerne anders macht, verurteilt wird. Es gibt auf dieser Welt keinen normalen Lebensentwurf. Wir reden uns ein, dass das was schon immer normal war, richtig ist.

So ein Blödsinn. Es braucht nur mehr Vorbilder. Und das möchte ich für meine Tochter sein.

Damit sie auch die Wahlfreiheit hat, den Beruf zu ergreifen, der für sie spannend klingt.

Die Freiheit, den Beruf wieder aufzugeben, weil sie ihre Meinung ändert.

Die Freiheit mit oder ohne Familie zu leben. Wenig oder viel zu arbeiten.

Ich will weiterhin wenige feste Termine, weil ich Flexibilität liebe. Weil ich auch gerne einfach mal einen Blogartiel auf dem Sofa schreibe und nicht nur Trainingstermine haben will. Weil ich selbst die Freude an meinem eigenen Training behalten will und nicht nur von Vorbereitung zu Vorbereitung für die vielen Kurse hetzen möchte.

Deshalb gebe ich jetzt nicht mehr acht Sportkurse pro Woche.

Sondern konzentriere mich auf wenige Kurse mit gutem Inhalt und wertvollen Inhalten für meinen Mitgliederbereich.

Online-Business ist so eine gute Idee, weil es skalierbar ist.

Online-Training ist so eine wunderbare Möglichkeit, denn online können wir uns in einer viel größeren Gruppe gemeinsam bewegen als mir es hier vor Ort im kleinen Kursraum möglich ist. Mit dem Online-Training können viel mehr Frauen von einer Begleitung profitieren. Mein Impact erhöht sich.

Im letzten Monat haben mehr als 5000 Menschen meinen Kanal auf YouTube angeschaut. In den 4-5 Kursen vor Ort habe ich maximal 30-40 Menschen erreicht.

Online kann ich die Frauen mitnehmen, die sich spontan ums kranke Kind kümmern, die keine Fremdbetreuung haben, die nie zum Sport außer Haus gehen würden, weil sie alleinerziehend sind und sie nie die Gewissheit haben, dass ihr Sport-Termin sicher ist.

Online-Training ist feministisch, weil wir nicht auf die vermeintliche „Unterstützung“ der Männer angewiesen sind, weil wir uns sowohl um die Kinder und um unser Wohlbefinden kümmern können. Um das was uns wichtig ist.

Dieser Beitrag erscheint im Rahmen der Blog-Parade von Lena Busch – familienleicht zum Weltfrauentag.