Oft erst nach oder während der ersten Schwangerschaft rückt der Beckenboden in das nähere Interesse von Frauen – vorher eher selten, außer noch bei Profi-Sportler*innen. EIne Schande, finde ich persönlich. Denn der Beckenboden ist ein faszinierendes und wichtiges Muskelgeflecht in unserem Körper. Er spielt eine Schlüsselrolle in unserer Gesundheit, von der Unterstützung der inneren Organe bis zur sexuellen Funktion. Leider existieren viele Mythen und Missverständnisse über den Beckenboden. In diesem Beitrag werden wir 20 häufige Mythen entlarven. 

Mythos 1: Der Beckenboden ist nur für Frauen wichtig.

  • Wahrheit: Der Beckenboden ist sowohl für Frauen als auch für Männer entscheidend. Er unterstützt die Blase, den Darm und bei Männern auch die Prostata. Frauen bzw. Menschen mit einem weiblichen Becken haben häufig deutlich früher Probleme mit dem Beckenboden, weil das weibliche Becken eine größere Öffnung hat und die Muskeln deutlich dehnbarer sind, damit die vaginale Geburt klappt. Leider ist dadurch der Beckenboden nicht ganz so stark belastbar wie bei Männern*.

Mythos 2: Beckenbodentraining ist nur für Schwangere.

  • Wahrheit: Beckenbodentraining ist für Menschen in jedem Lebensabschnitt wichtig, um Gesundheitsprobleme wie Inkontinenz, Rückenschmerzen und Beckenschmerzen zu verhindern. In der Schwangerschaft fällt uns allerdings häufig zum ersten Mal auf, dass unser Beckenboden etwas Aufmerksamkeit benötigt.

Mythos 3: Beckenbodenübungen sind kompliziert und zeitaufwendig.

  • Wahrheit: Einfache Beckenbodenübungen können leicht in den Alltag integriert werden, ohne viel Zeit in Anspruch zu nehmen. Regelmäßiges Training sollten wir aber einfach einplanen, denn das gehört zur Gesundheit einfach dazu -wie Zähneputzen. Das machen wir ja auch nicht erst, wenn wir Karies haben.

Mythos 4: Ein starker Beckenboden führt zu Schmerzen während der Geburt.

  • Wahrheit: Ein trainierter Beckenboden kann die Geburt tatsächlich erleichtern und den Genesungsprozess nach der Geburt verbessern. Stark heißt aber gleichzeitig flexibel und elastisch, und ist das Gegenteil von verspannt. Beckenboden-Training während oder sogar schon vor der Schwangerschaft hilft uns beim Loslassen und Entspannen während der Geburt sowie bei der Wahrnehmung nach der Geburt. Nach der Geburt kannst du dann schneller Erfolge haben als ohne vorheriges Training.

Mythos 5: Inkontinenz ist ein natürlicher Teil des Alterns und nicht vermeidbar.

  • Wahrheit: Obwohl viele Frauen spätestens mit den Wechseljahren wegen des Hormonabfalls Probleme mit Inkontinenz bekommen, müssen wir das nicht hinnehmen. Inkontinenz kann durch gezieltes Ganzkörper-Beckenbodentraining und einen gesunden Lebensstil oft verhindert oder verbessert werden. Es ist übrigens nie zu spät um damit anzufangen, auch wenn du bereits bestehende Probleme hast. 

Mythos 6: Beckenbodentraining ist nur für Menschen mit Problemen im Beckenboden relevant.

  • Wahrheit: Beckenbodentraining kann präventiv wirken und dazu beitragen, Probleme zu verhindern, bevor sie auftreten. Es ist nie zu früh, um mit dem Training zu starten. Heute ist der beste Moment, um loszulegen. Genau dafür gibt es das Schnupperangebot beim Training für die Starke Mitte – du kannst dich einfach anmelden und sofort mit den Videos im Mitgliederbereich starten.

Mythos 7: Ein Beckenbodentrainer (Vaginalkonen, Perifit, Emy, etc.) ist die einzige Möglichkeit, den Beckenboden zu stärken.

  • Wahrheit: Es gibt viele verschiedene Übungen, die den Beckenboden stärken können. Spezielle Geräte sind meist sinnvoll um die Wahrnehmung zu verbessern. Manchmal können Geräte sogar kontraproduktiv sein, zum Beispiel bei einer bestehenden Organsenkung. Ich bin sogar der Meinung, dass wir diese Geräte zum Einstieg überhaupt nicht brauchen. Falls du deinen Beckenboden bisher noch gar nicht wahrnehmen kannst, genügen wahrscheinlich auch Hilfsmittel wie ein Paar Socken oder deine Hand. Außerdem sensibilisiert sich dein Beckenboden durch die verbesserte Durchblutung, wenn du mit Bewegungstraining startest. Wenn du nach längerem regelmäßigen Üben (zum Beispiel mit mir) gar keine Erfolge hast, empfehle ich dir gerne die nächsten Schritte in einer persönlichen Beratung.

Mythos 8: Beckenbodentraining ist nur für Menschen mit Beckenbodenschwäche relevant.

  • Wahrheit: Beckenbodentraining kann die sexuelle Gesundheit, die Stabilität des Rumpfes und die allgemeine Lebensqualität verbessern. Ein Beckenboden kann übrigens nicht nur zu schwach, sondern gleichzeitig oder stattdessen auch zu verspannt sein. Das kann sich äußern durch Schmerzen im Becken, deine Haltung, durch Nachtröpfeln beim Toilettengang oder auch durch unerwünschten Urinverlust – genau wie beim schwachen Beckenboden. Deshalb ist ein ganzheitliches Ganzkörpertraining so wichtig

Mythos 9: Beckenboden-Training ist langweilig.

  • Wahrheit: Bei mir im funktionellen Beckenboden-Training geht es um viel mehr als Atmen, Anspannen und Loslassen. Auch ich lerne ständig neue Übungen kennen – im Stehen, im Sitzen, im Liegen, mit und ohne Kleingeräte. Ich selbst komme beim Beckenboden-Training manchmal ins Schwitzen, manchmal nicht. Es ist unglaublich vielseitig und die wenigsten können sich vorstellen was das ist, bevor sie es ausprobieren.

Mythos 10: Beckenbodentraining ist nur etwas für Frauen* nach der Geburt.

  • Wahrheit: Männer* können ebenso von Beckenbodentraining profitieren, um Probleme wie erektile Dysfunktion und Blasenkontrolle zu verbessern. Beckenboden-Training in jeder Lebensphase sinnvoll – egal ob Männlein oder Weiblein. Zum Beispiel auch für Sportler*innen, die eine starke Körpermitte benötigen, vor einer Geburt, um die Muskulatur gleichzeitig geschmeidig und flexibel zu machen (anstatt verkrampft und nicht zugänglich), sowie in den Wechseljahren (egal ob du ein Kind geboren hast oder nicht). Die Art und Weise wie ich Beckenboden-Training anbiete, ist außerdem toll, um beweglich zu werden und zu bleiben und meine Kundinnen bekommen damit Rückenschmerzen in den Griff. Das ist super für alle Menschen.

Mythos 11: Wenn der Beckenboden zu schwach ist, ist eine Operation die einzige Lösung.

  • Wahrheit: In vielen Fällen ist Beckenbodentraining eine nicht-invasive und wirksame Option und ist meiner Meinung nach immer eine Vorbereitung für eine OP. Eine OP kann bei einer Blasensenkung sinnvoll sein (Stichwort TVT) oder bei einer Gebärmuttersenkung. Allerdings solltest du dich nicht auf eine OP verlassen und danach dein Training vernachlässigen. Denn die Ursache für Senkungen – ein starker Druck auf auf deine Organe – sind durch die OP nicht direkt behoben. Du solltest gleichzeitig deine Atmung und deine Muskulatur trainieren. Nach einer OP empfehle ich zuerst Einzeltraining, zum Beispiel bei mir. 

Mythos 12: Beckenbodentraining beeinträchtigt das sexuelle Vergnügen.

  • Wahrheit: Das Gegenteil ist der Fall! Ein starker Beckenboden kann das sexuelle Vergnügen erhöhen, da er die Muskelkontrolle verbessert und die Durchblutung im Beckenboden durch das Training besser ist.

Mythos 13: Man kann den Beckenboden nicht überanstrengen.

  • Wahrheit: Ein übermäßiges Training kann zu Verspannungen führen. Nach einer Geburt kannst du auch deinen Beckenboden überlasten, wenn du zu lange auf den Beinen bist oder zu anstrengende Dinge tust – selbst wenn das „nur“ Alltagstätigkeiten sind. Es ist wichtig, dass du die richtige Balance findest und funktionelle Übungen erlernst. Außerdem sind Übungen, die dein Nervensystem beruhigen und den Beckenboden entspannen genauso wichtig wie Übungen zur Kräftigung.

Mythos 14: Beckenbodentraining ist nur für ältere Menschen relevant.

  • Wahrheit: Beckenbodentraining ist relevant für Menschen jeden Alters, um die Gesundheit und Lebensqualität zu verbessern. Denn wir haben einen Beckenboden von Geburt an und je früher wir ihn kennenlernen, je besser kann er uns unterstützen. Wir müssen nicht erst mit dem Training starten, wenn etwas in die Hose geht.

Mythos 15: Kegel-Übungen sind die einzige Möglichkeit, den Beckenboden zu stärken.

  • Wahrheit: Es gibt viele verschiedene Übungen, die den Beckenboden stärken können. Kegel-Übungen sind sehr einseitige, lokale Anspannungsübungen für den Beckenboden. Das Problem dabei ist, dass sie nicht funktionell sind – das heißt sie sind keine Alltagsbewegung. Im funktionellen Beckenboden-Training bereitest du dich auf Alltags-Situationen vor. Kegel können das nicht leisten und können sogar zu Beckenboden-Verspannungen führen.

Mythos 16: Beckenbodentraining ist zu peinlich, um darüber zu sprechen.

  • Wahrheit: Offene Gespräche über den Beckenboden können dazu beitragen, Missverständnisse zu klären und Menschen zu ermutigen, sich um ihre Gesundheit zu kümmern. Sprich mit deiner Familie, deinen Freund*innen und beim Sport über deine Probleme. Bei deine*r Gyn und Beckenboden-Physio kannst du Hilfe bekommen – aber nur, wenn du über deine Probleme sprichst.

Mythos 17: Beckenbodenprobleme sind unvermeidbar, wenn sie in der Familie vorkommen.

  • Wahrheit: Obwohl Veranlagung eine Rolle spielen kann, können gesunde Lebensgewohnheiten und Beckenbodentraining das Risiko reduzieren. Alleine dadurch, dass wir heute mehr wissen als unsere Großmütter, mehr Trainingsangebote haben und das Thema Beckenboden langsam aus der Tabuecke kommt, gibt uns heute gute Chancen, dass wir bei Beckenboden-Problemen Hilfe finden.

Mythos 18: Der Beckenboden erholt sich von selbst nach der Geburt.

  • Wahrheit: Wir sind alle unterschiedlich. Manche Frauen haben nach einer Geburt gar keine Probleme, einige Frauen benötigen zusätzliche Unterstützung und Training, um die volle Funktion ihres Beckenbodens nach der Geburt wiederherzustellen. Wozu gehörst du?

Mythos 19: Beckenbodentraining ist zu schwer und erfordert professionelle Anleitung.

  • Wahrheit: Einfache Übungen können leicht erlernt und zu Hause durchgeführt werden. Es gibt mittlerweile sehr viele Online-Angebote und Trainings-Videos auf YouTube. Falls du dich selbst nicht zum Training motivieren kannst oder dir unsicher bist ob du es richtig machst, ist eine professionelle Begleitung für den Start sinnvoll.

Mythos 20: Ein starker Beckenboden ist nur für Menschen mit bestehenden Problemen relevant.

  • Wahrheit: Ein starker Beckenboden kann dazu beitragen, Probleme zu verhindern, bevor sie auftreten, und die Lebensqualität verbessern. Außerdem unterstützt er uns in unserer Rumpfstabilität, was uns im Alltag und beim Sport sehr nützlich sein kann.

 

Was sind deine Gedanken zum Beckenboden? Hast du noch mehr Mythen (oder Meinungen) parat? Schreibe sie mir unten als Kommentar!