* ersetze Bauch mit deinem persönlichen Problem, es könnte auch der Beckenboden sein oder eine alte Knieverletzung etc.

Mein postpartaler Körper nach dem zweiten Kind

Sechs Monate alt ist mein Baby als ich diesen Text schreibe. Ich war bei der Rückbildung und habe keinen Termin verpasst, habe das Postpartum-Programm von Body Ready Method® konsequent durchgezogen, ab 3 Monate nach der Geburt dann Restore Your Core®, damit ich für meine eigenen Kurse wieder fit bin.

Und nun – bin ich jetzt so fit wie zuvor?

Ist der Beckenboden so fit wie vor dem ersten Kind?

Die Rektusdiastase komplett geschlossen?

Passen die Jeans von vor der Schwangerschaft wieder?

Nichts davon kann ich mit Ja beantworten.

Und wenn der Bauch so bleibt? Viele Frauen, besonders solche mit zwei oder mehr Kindern erzählen, dass sie nach Schwangerschaften nie wieder abgenommen haben und meistens meinen sie damit nicht nur die Kilos, sondern die weiche Bauchdecke. Die bei mir jetzt immer noch ähnlich wie in der frühen Schwangerschaft heraussteht.

Als mein erstes Kind sechs Monate alt war, passten mir meine alten Hosen wieder. Diesmal bei Kind 2 bin ich davon gefühlt noch weit entfernt. Daher habe ich mir neue gekauft. Vor allem Leggings..

Und es ist für mich total in Ordnung. Denn ich bin auf einem Weg und der ist – das ist mir völlig klar – nach sechs Monaten natürlich noch nicht abgeschlossen.

Ich habe meinen Schwangeren-Bauch geliebt, daher finde ich es gar nicht sooo schlimm, dass ich immer noch als schwanger durchgehen könnte.

Aber manchmal, da ist er doch, dieser kleine Stich. Wenn der Liebste meint, dass ich vielleicht doch lieber erst später in ein paar Monaten neue Trainings-Videos auf YouTube veröffentliche, auf denen mein ganzer Körper zu sehen ist. Wenn ich mich daran erinnere, dass ich für mein schlankes, fittes Aussehen gelobt wurde („so wie eine Trainerin aussehen sollte“), damals als ich 2020 meine Rektusdiastase endlich in den Griff bekommen hatte.

Ich hatte damals endlich das Gefühl, wirklich stark genug für meine eigenen Pilates-Kurse zu sein. Endlich keine Beckenboden-Symptome mehr nach intensiven Trainingseinheiten. Und der Bauch blieb flach, auch abends nach dem Abendessen.

Deshalb war ich mir auch so sicher, dass ich jetzt einfach wieder das gleiche Training mache wie damals und dann bin ich wieder frisch, knackig, stark und passe in meine Hosen.

Tja, oder auch nicht.

Denn der Unterschied ist: Letztes Mal, als mein intensives Training so schnell wirkte, war die Geburt schon über zwei Jahre her.

Rückbildung dauert nicht nur ein paar Wochen, sondern Monate, bei manchen Frauen auch länger. Gewebe braucht Zeit um zu regenerieren. Bänder, insbesondere die Bänder, die die Gebärmutter nach einer Schwangerschaft halten, lassen sich nicht so trainieren wie Muskeln. Hormone helfen außerdem noch – juhuu -, dass unser Gewebe schön weich bleibt.

„Frauen sind keine kleinen Männer“, sagt DR. Stacy Sims und deshalb sollten wir ganz besonders nach einer Schwangerschaft auch nicht so trainieren wie ein Mann.

Meiner Meinung nach sollte der Fokus während der Rückbildung (1-2 Jahre nach der Geburt) nicht auf dem Aussehen liegen, sondern auf der Funktion.

Weil mir die Funktion so wichtig ist, kann ich mich für regelmäßiges Training motivieren. Keine Zahl auf der Waage hätte wahrscheinlich diesen Motivations-Effekt für mich.

Und der Funktion folgt irgendwann, wenn die Zeit reif ist und die Hormone sich reguliert haben auch das Aussehen.

 

Was mir mein Training für den Beckenboden und co. gebracht hat

Mein Beckenboden hält in vielen Situationen, aber in vielen auch noch nicht. Ich kann mich mittlerweile in die tiefe Hocke bücken ohne gleich sofort jedes Mal danach zur Toilette zu müssen. Hüpfen mit beiden Füßen habe ich zum Beispiel noch gar nicht ausprobiert, aber ich weiß, dass es definitiv in Zukunft klappen wird. Alles zu seiner Zeit.

Ob mir meine alten Hosen je wieder passen, weiß ich nicht. Denn möglicherweise hat sich zusätzlich zum Schlabberbauch mein Becken auch noch geweitet. Die Idee kam mir, weil mir selbst meine alten Leggings doch noch viel zu eng sind.

Die Rektusdiastase… oje, ich habe jetzt endlich mal getastet und will gar nicht darüber nachdenken. Auf jeden Fall fühle ich mich körperlich schon viel fitter als ich es mit einer breiten Rektusdiastase erwartet hätte. Deshalb bin ich kein Fan davon, ständig die Rektusdiastase zu tasten. Ob du dich stabil fühlst, kannst du auch ohne Breite wissen.

 

Meine langfristigen Ziele nach der Rückbildung

Mir fiel es diesmal nach der zweiten Geburt viel leichter als nach der ersten, mein Trainingsprogramm regelmäßig zu machen. Ich hatte bis zum Ende der Schwangerschaft sowieso schon meine Bewegungsroutine, ich konnte also direkt dort weitermachen wo ich aufgehört hatte.

Außerdem hatte ich von Beginn an Ziele:

Ich will ab 4 Monate nach der Geburt wieder mit meinem ersten Kurs beginnen und dafür muss ich fit sein.

Beim ersten Kind hat es erstaunlich lange gedauert, bis ich mich wieder fit genug fürs Laufen gefühlt hatte: ganze 2,5Jahre! Und diesmal soll es schneller gehen. Wobei mir Laufen jetzt nicht mehr so wichtig ist wie früher.

Ich will selbständig sein. Ich will meinem Kind hinterher rennen können, ohne eine Slip-Einlage zu brauchen.

Ich will wieder selbst den Rasen mähen und den Rasenmäher aus dem Keller holen können, ohne meinem Körper dabei zu schaden.

Schränke schieben, ohne Beckenboden-Symptome hervorzurufen.

Diesmal bin ich natürlich viel besser vorbereitet als beim ersten Kind. Ich bin schon fit. Ich weiß so viel mehr über den Beckenboden als damals. Ich habe das für mich perfekte Trainingsprogramm gefunden.  

 

Training nach der Rückbildung

Training nach der Rückbildung unterscheidet sich noch sehr stark von Training im Fitness-Studio. Die Atmung sollte in deinem Trainingsplan nach einer Geburt immer eine sehr große Rolle spielen. Deine gesunde Körperhaltung im Alltag ist wichtig. Dein Körpergefühl sollte geschult werden – wann belastest du deinen Körper ausreichend und wann überlastest du ihn?

Es ist wichtig, dass du nicht für immer auf dem gleichen Level stehen bleibst. Deine Bauchmuskulatur, dein Transversus, der quere Rumpfmuskel, kann sich nur dann stärken, wenn du mit der Zeit mehr tust als nur in Rückenlage zu atmen. Denn dein Alltag findet in einer Fülle von Positionen statt, wahrscheinlich ganz häufig mit ziemlich viel Last. Zum Beispiel mit einem Baby im Arm, mit Einkäufen und in Bewegung.

Wann du deinen Körper mehr belasten kannst, das findest du gemeinsam mit deiner Trainerin heraus. Oder auch selbst mit unseren Aufzeichnungen im Mitgliederbereich beim Training für die Starke Mitte.

Wir sind alle anders, haben andere Voraussetzungen und unterschiedliche Verletzungen. Jede von uns hat einen Alltag und deiner unterscheidet sich möglicherweise von meinem erheblich.

Das Training für die Starke Mitte ist speziell für Frauen, die nach der Geburt einen noch schwachen Rumpf und schwachen Beckenboden haben – egal wie lange die Geburt her ist. Wenn du das Gefühl hast, dass selbst spezialisiertes Training in der Gruppe für dich zu wenig ist, weil du besondere Verletzungen und/oder chronische Schmerzen hast (im Bauch, im Becken, im Beckenboden, im Knie, im Rücken, in der Schulter), oder weil du schon alles probiert hast und du nach intensivem Training immer noch schwanger aussiehst oder Beschwerden hast, dann empfehle ich dir eine persönliche Betreuung durch Therapie oder Personal Training.

Personal Training für den Beckenboden biete ich bis zum Ende meiner Elternzeit (September 2023) nur ganz eingeschränkt an, aber ich kann dir von Herzen meine Kolleginnen empfehlen.

 

Weitere Wege für die Beckenboden-Heilung nach der Rückbildung

Wenn regelmäßiges Training für dich nicht die gewünschten Ergebnisse bringt, hast du glücklicherweise noch andere Optionen. Ich bin zwar sehr dafür, dass wir uns mit der Heilung Zeit lassen, denn Heilung ist nicht linear und manchmal geht es zwei Schritte vorwärts und einen wieder zurück.

Aber ich bin der Meinung, dass wir uns für Wohlbefinden einsetzen dürfen,  für ein schmerzfreies Leben ohne größere Einschränkungen. Die Zeiten sind vorbei, dass Frauen nur still leiden und ertragen mussten. Wenn dein Beckenboden trotz Training nicht besser wird, hast du zum Beispiel folgende Optionen:

Beckenboden-Checkup: Bei spezialisierten Beckenboden-Physios wird ein intensiver Ultraschall durchgeführt, um deinen Status erst einmal zu erfahren. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich meine die meisten kennen sich auch mit Rektusdiastasen aus und können beim Beckenboden-Checkup auch die Diastase mit Ultraschall untersuchen und ausmessen. Es gibt immer mehr Praxen, die so etwas anbieten. Der Beckenboden-Checkup dauert etwa eine Stunde und ist eine Privatleistung (zw. 100-150 €).

Pessar: Frage deine:n Gyn bei anhaltenden Beschwerden bei Senkung, Inkontinenz oder Drangsymptomatik nach einer Pessartherapie. Es gibt unzählige verschiedene Formen und Größen je nach Anwendungsfall, Körper und Symptomen. Ein Pessar ist eine Stütze in deinem Körper und hält deine Organe an ihrem Platz. Wenn dein:e Gyn sich damit nicht auskennt, lasse dich an eine spezialisierte Praxis oder an ein Beckenboden-Zentrum verweisen. Dein Alter ist für ein Pessar übrigens völlig egal.

Biofeedback: Sowohl Geräte für zu Hause als auch große Geräte in einer Praxis können dir dabei helfen, deinen Beckenboden überhaupt wahrzunehmen. Ob diese Methode dauerhaft geeignet ist für dich, erfährst du in deiner spezialisierten Beckenboden-Physio-Praxis.

Operation:  Wenn intensives und langes und vor allem richtiges Training bei dir keine Früchte trägt oder wenn bei dir Bänder, die deine Organe im Körper halten zum Beispiel bei einer Geburt gerissen sind, kannst du eine OP in Erwägung ziehen. Wichtig ist trotzdem passendes Training vorher und hinterher als Reha, damit das Ergebnis von Dauer ist und deine Bewegungsmuster nicht die Ursache für die gleichen Probleme in der Zukunft sind.

Energiearbeit und Psychotherapie: Manchmal liegen unseren körperlichen Problemen Ursachen zugrunde, die wir noch gar nicht ganz erfassen können. Körperliches Training hat dort seine Grenzen, wo Traumata die Ursache für die körperlichen Probleme sind. Ich selbst habe ganz hervorragende Erfahrungen mit Energiearbeit gemacht. Mein Beckenboden war im Anschluss so entspannt wie nie zuvor, obwohl ich gar nicht mehr den Eindruck hatte, Probleme zu haben. 

 

Du musst nicht alles davon ausprobieren, sondern du suchst dir – wie im Training – genau das heraus was dich anspricht und was sich für dich gut anfühlt. Du darfst ausprobieren, zu verschiedenen Anlaufstellen gehen und dich selbst informieren. Und zwar alles zu seiner Zeit. Denn Heilung braucht Zeit.