Manchmal gehört zur Selbstfürsorge, dass wir diesen einen Blogartikel eben NICHT schreiben. Nicht noch abends an den Rechner setzen, um eine Nachtschicht bzw. Spätschicht einzulegen.
Sondern sortieren:
Was ist wirklich wichtig. Was kann warten. Was kann weg.
Genau das habe ich für diesen Blog-Beitrag gemacht. Mein eigener Beitrag zu meiner eigenen Blog-Parade erscheint erst über eine Woche später als ich es eigentlich spätestens inklusive Puffer geplant hatte.
Selbstfürsorge ist nicht etwas, das wir tun sollten, wenn nichts mehr geht.
Wenn wir krank werden. Wenn die Migräne um die Ecke schaut. Wenn PMS und Periode zuschlagen. Wenn wir nicht mehr können.
Genau das ist aber der Moment, wenn die meisten erst auf die Idee kommen, eine Pause zu machen. Wenn überhaupt. Kenne ich übrigens.
Oder anders herum – der berühmte Moment, wo du endlich Urlaub hast und prompt wirst du krank, weil die Stresshormone dein Immunsystem nicht mehr in Schach halten.
Ich kenne so viele Mütter, die meinen noch mehr in noch kürzerer Zeit tun zu müssen. Eine kenne ich ganz besonders gut. Die bin ich nämlich selbst.
Es gibt so viele verschiedene Rollen in meinem Leben und alle versuche ich zur vollsten Zufriedenheit auszufüllen. Die wichtigsten, häufigsten Rollen sind Mutter, Partnerin, Berufstätige in Selbständigkeit und Hausfrau. Schon diese bringen mich an meine Grenzen. Und dann bin ich noch Freundin, Tochter, Schwester und es gibt noch ein paar mehr, die mir aber nicht täglich ganz so präsent sind.
Es ist schwer, meinem eigenen kritischen Blick stand zu halten. Mutter scheine ich ganz gut zu machen, Partnerin, naja, ausreichend vielleicht? Berufstätige? Naja, nach dem aktuellen Zeitinvest und Ertrag eher unbefriedigend, Haushalt ungenügend. Da ich fleißig bin, renne ich den ganzen Tag, um meinen eigenen Ansprüchen zu genügen.
Keine Zeit für Pause.
Denn ich bin fleißig. Ich will die beste Mutter sein, eine tolle Partnerin, eine gute Freundin, eine glückliche und entspannte Berufstätige und eine passable Hausfrau. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.
Und Selbstfürsorge, das ist doch wohl Vergnügen? Oder???
Ich glaube, genau dort liegt der Hase im Pfeffer.
Selbstfürsorge wird von uns als Hobby, als Vergnügen gesehen, nicht als Notwendigkeit, um gesund und glücklich zu sein.
Dabei gehen so viele Frauen in die Krankheit, in ein Burnout, bevor Selbstfürsorge zur regelmäßigen Praxis wird. Und damit meine ich nicht nur regelmäßiges Training.
Selbstfürsorge ist – in so vielen Dingen – den Fokus auf mich selbst zu legen. Und da ist er, der schmale Grat zum Egoismus.
Gerade wir Frauen wurden als Mädchen dazu erzogen, alles zu geben und uns selbst zurückzunehmen.
Sittsam, bescheiden und rein.
So heißt es in einem Spruch in meinem Poesiealbum. Und auch als erwachsene Frau gibt es das gesellschaftliche Narrativ, dass wir, ganz besonders als Mütter, alles geben bis zur Selbstaufgabe. Bedürfnisorientiert, aber nur die Bedürfnisse der anderen sehen. Im Beruf müssen wir uns doppelt so viel anstrengen, um ähnlich wahrgenommen zu werden wie Männer mit der gleichen Qualifikation und trotzdem dürfen wir dann oft nicht unsere Meinung sagen oder wütend werden.
Selbstaufgabe anstatt Selbstfürsorge, das können wir gut.
Darum ist für mich das Wellness-Hotel auch keine nachhaltige Selbstfürsorge-Praxis. Ich muss ein bisschen schmunzeln, denn als ich zuletzt mit meinen Liebsten im Wellness-Hotel war, war das nicht besonders erholsam, sondern meine Beckenboden-Symptome kamen ganz deutlich zurück. Wellness-Hotel ist hier also eher Stress als Erholung. Zumindest, wenn ich dafür lange im Auto sitze und die Familie dabei ist und ich den Mental Load für die Reise habe.
Ja natürlich, eine Massage führt uns zu uns selbst, zu einer Auszeit und lässt uns unseren Körper besser spüren, uns wohl, erholt und kraftvoll in unserem Körper spüren.
Und genau dieses Gefühl möchte ich mit einer regelmäßigen Selbstfürsorge-Praxis in meinen Alltag holen.
Während ich diesen Beitrag schreibe, habe ich genau dieses Wellness-Gefühl. Ich sitze am Tisch, meine Füße in einem Fußbad. Und das beste: Ich konzentriere mich nur auf dieses Schreiben, ich habe NUR DIESE EINE AUFGABE. So selten kommt das denn in meinem Alltag vor! Ein krasser Gegensatz zum Arbeiten im Home Office und gleichzeitig Wäsche machen und gleichzeitig kranke Kinder betreuen und Pakete annehmen und ein gesundes Essen zubereiten und die Weihnachtsgeschenke planen und Arzttermine koordinieren.
Für Selbstfürsorge brauche ich in erster Linie Zeit, und da Zeit nicht auf Bäumen wächst, muss ich sie mir selbst nehmen.
Zeit ist endlich, wir haben alle die gleichen 24 Stunden am Tag, und gleichzeitig haben wir eben nicht alle gleichviel Zeit. Wir haben unterschiedliche Jobs, unterschiedlichen Zugang zu Kinderbetreuung.
Es ist so einfach hier geschrieben, dass wir selbst verantwortlich sind für unsere Zeiteinteilung und gleichzeitig ist es so schwer. Auch für mich.
Auch meine Trainingsroutine bricht oft ein, auch ich schiebe im Moment total gerne einen Lebkuchen rein (oder zwei, oder drei), anstatt Gemüse zu schnibbeln, auch ich entkomme dem gesellschaftlichen Blick auf mich als Frau und Mutter nicht.
Meine Selbstfürsorge liegt in meiner eigenen Hand. Ich selbst muss meine Zeiten planen. Ich selbst muss meine Ansprüche anpassen und eventuell kommunizieren, wo ich Hilfe brauche und die unwichtigen Dinge ziehen lassen. Ich bin keine Marionette, die im Hamsterrad des Lebens gefangen ist, sondern ich bin diejenige, die bestimmt wie schnell sie rennt oder wie langsam sie geht.
Es gibt die Momente, da scheint es so ausweglos, die Aufgaben scheinen uns zu erschlagen. Dann hilft es einen Moment durchzuatmen und dem Nervensystem zu zeigen, dass es in Sicherheit ist. Und dann kann ich eine Lösung finden. Sie ist viel einfacher zu sehen, wenn ich genug schlafe und regelmäßig esse.
Selbstfürsorge-Praxen helfen uns nicht, wenn wir versuchen sie schnell noch zu erledigen und uns von diesem zusätzlichen Termin stressen lassen. Schnell noch zum Sport. Schnell noch zur Massage. Schnell noch die Freundin treffen.
Dafür ist essentiell, dass wir Selbstfürsorge nicht als Trend der modernen Frau sehen, sondern uns annehmen und unseren Wert fühlen. Wir haben ihn, ohne dass wir etwas dafür tun müssen. Jeder Mensch ist es wert, dass man sich um ihn kümmert. Du bist der wichtigste Mensch in deinem Leben, daher ist es wichtig, dass du dich gut um dich kümmerst. Du kannst dich um dich selbst kümmern, ohne vorher alle To-Dos erledigt zu haben. Und vielleicht ist es auch ein Teil der Selbstfürsorge, ab morgen weniger Dinge auf der To-Do-Liste zu haben.
Selbstfürsorge ist etwas, wofür ich mich entscheide.
Sie ist keine Belohnung für einen gut gemachten Haushalt, sondern ein fester Termin, eine feste Routine wie das Händewaschen nach dem Nach-Hause-Kommen.
Selbstfürsorge heißt: Ich kümmere mich um mich selbst, damit es mir gut geht. Ich sorge für mich. Ich nähre mich, damit ich mich im Alltag gut fühlen kann.
Und hier zum Schluss sind noch meine persönlichen kleinen Selbstfürsorge-Anker in meinem Leben als selbständige Mutter:
✅ Mittagsruhe mit Füße hochlegen (wenn ich das Gefühl habe, das zu brauchen)
✅ Weg vom Bildschirm – rein in die echte analoge Welt: zum Beispiel durch Lesen, Basteln (basteln kommt allerdings sehr sehr selten vor)
✅ Ausreichend und regelmäßig Essen und Trinken
✅ Trinken direkt nach dem Aufstehen
✅ Vitamine
✅ Gesundheits-Checks und Vorsorge-Untersuchungen, wie zum Beispiel den Beckenboden-Physio, Zahnärzt*innen-Besuche etc.
✅ Rechtzeitig zur Toilette gehen, nicht erst dann, wenn niemand mehr etwas von mir braucht.
✅ Regelmäßiges Training – nur für mich, nicht als Vorbereitung für meine Arbeit als Trainerin.
✅ Ein Spaziergang im Park oder Wald, auch mal nur für mich
✅ Ein Gespräch mit einer Freundin
✅ Oder einfach mal alleine sein und keine Termine haben.
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